21. September 2025 / Aus aller Welt

Astronauten auf See - Überlebensübung mit Weste und Paddel

Wer ins Weltall will, muss erst einmal paddeln - beim Überlebenstraining auf See für Astronauten. Warum auch Wintertraining für die Raumfahrer wichtig ist und es den Job auch in Teilzeit gibt.

Auch das Paddeln mit einer Rettungsinsel stand auf dem Stundenplan.

«One, two, three», zählt Sara García Alonso und schaut ihre Astronauten-Kollegin Amelie Schönenwald an. Dann lassen sich beide rückwärts aus der Rettungsinsel ins Wasser fallen. Mit einem Zischen blasen sich ihre Rettungswesten auf, so dass die Spanierin und die Deutsche in ihren Überlebensanzügen über Wasser gehalten werden. Was hier im Rostocker Hafenbecken geübt wird, könnte zum Beispiel im Pazifik überlebenswichtig sein, etwa wenn eine Raumkapsel vor der Landung vom Kurs abkommt.

Wer bei der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) hoch hinaus will, muss erst einmal ins Wasser, nämlich zum Überlebenstraining auf See. Fünf Frauen und drei Männer aus sieben europäischen Ländern sind dafür für das Wochenende nach Rostock gekommen. Sie sind Teil einer Reserve, die die Esa als Astronautinnen und Astronauten ausbildet.

Auf dem Stundenplan stand unter anderem das Abseilen in ein Boot, Schwimmen im Überlebensanzug, Paddeln mit einer Rettungsinsel oder das Zünden von Signalfackeln. «In der Raumfahrt muss man für alle Eventualitäten vorbereitet sein», weiß Teilnehmerin Schönenwald. Vergangenes Jahr habe sie bereits ein Winterüberlebenstraining absolviert, für den Fall einer Landung in einer kalten Region. 

Erstmals Astronauten-Reserve

Welchen Landeort würde die 35-Jährige persönlich vorziehen? «Beides», sagt sie und stellt damit klar, dass sie gern mindestens zweimal ins All fliegen würde. Dabei sind Weltraummissionen für die Astronauten-Reserve keinesfalls gesetzt. Erstmals hat die Esa im Zuge einer neuen, 2022 ausgewählten Kohorte zwölf Kandidaten und Kandidatinnen als Reserve ausgewählt - zusätzlich zu fünf Vollzeit-Astronauten.

Reservistinnen wie Schönenwald arbeiten weiterhin in ihren regulären Berufen, absolvieren aber in mehreren mehrwöchigen Blöcken eine Art Astronauten-Grundausbildung, etwa um auf kürzere Missionen zu gehen, wenn sich die Gelegenheit ergibt, oder um einmal als Vollzeit-Astronaut nachzurücken. 

Als Teil des aktuellen Ausbildungsblocks hat Schönenwald jüngst in Frankreich an sogenannten Parabelflügen teilgenommen, bei denen ein Flugzeug erst steil nach oben und dann wieder nach unten fliegt und so für die Passagiere zeitweise Schwerelosigkeit erzeugt. «Es war toll und hat natürlich auch wahnsinnig viel Spaß gemacht.»

Im Ernstfall ist Teamarbeit entscheidend

In ihrer Ausbildung wird sie unter anderem auch vom bekannten deutschen Astronauten Alexander Gerst betreut. Die studierte Biochemikerin und -technologin, die aktuell als Projektmanagerin arbeitet, ist nach eigenen Angaben seit ihrer Kindheit vom Weltraum fasziniert. Sie strahlt, wenn sie über die Ausbildung spricht. «Das Härteste am Training bisher war die Wartezeit zwischen den verschiedenen Trainingsabschnitten.»

Es ist bereits das dritte Mal, dass Astronauten in Rostock das Überleben auf dem Wasser trainieren. Heiko Seefeldt, Geschäftsführer der ISC Training & Assembly GmbH, sagt im Ernstfall komme es auf Teamarbeit an. Die Astronauten üben unter anderem, sich gegenseitig festzuhalten. «Einer alleine kann nicht lange durchhalten. Er wird irgendwo hingetrieben werden, also muss man zusammenarbeiten und zusammenhalten.»

Normalerweise trainiere die Firma Beschäftige aus der Offshore-Industrie. Die Astronautenausbildung sei eine Ehre. Zwei der Astronauten, die die Firma vor zwei Jahren trainiert hat, sind inzwischen für Weltall-Missionen ausgewählt worden. Beide beobachte man aufmerksam, erklärt Seefeldt. Man habe schließlich einen kleinen Teil dazu beigetragen, dass sie ins Weltall fliegen. Darauf sei man stolz.

Wohin würde Schönenwald zuerst am liebsten fliegen? «Mein großer Wunsch wäre es, auf die ISS zu gehen», sagt sie. «Und vielleicht eines Tages zum Mond».


Bildnachweis: © Jens Büttner/dpa
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