11. Oktober 2025 / Aus aller Welt

Der Spielsucht verfallen – das sind auch manche Hunde

Sie haben den Ball zigmal geworfen und ihr Hund bringt ihn immer noch zurück? Womöglich handelt es sich um ein spielsüchtiges Exemplar. Wie beim Menschen kann das auch für Vierbeiner gefährlich sein.

Ein Ball ist für etliche Hunde ein höchst verführerisches Objekt. (Archivbild)

So verfressen Hunde sind – manche lassen für ein bestimmtes Ding jedes Futter und überhaupt alles andere liegen: ein Spielzeug. Ihr Verhalten ähnele menschlichen Verhaltenssüchten bei Glücksspiel oder Online-Gaming, berichtet ein schweizerisch-österreichisches Forschungsteam im Fachjournal «Scientific Reports».

Ein Hund, der so verliebt in sein Spielzeug ist, dass er nicht von ihm lassen mag: Das klingt süß, aber auch für Hunde ist Spielsucht gefährlich, wie die Wissenschaftler um Stefanie Riemer von der Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni) erklären. Sie stoppten zum Beispiel auch bei völliger Überanstrengung oder Verletzung nicht.

Sie hatten das Spiel von 105 ein- bis zehnjährigen Hunden mit einem selbst gewählten Spielzeug in ihre Analyse einbezogen, die von ihren Besitzern alle als sehr spielmotiviert beschrieben wurden. Die häufigsten Rassen waren Malinois (18), Border Collies (9) und Labrador Retriever (9) - also Vertreter klassischer Arbeitsrassen. Ergänzend wurden die Besitzer zum alltäglichen Umgang ihrer Hunde mit Spielzeug befragt.

Futter? Mein Herrchen? Mir völlig egal!

Das Verhalten von 33 der Vierbeiner wurde als suchtähnlich bewertet. Faktoren dafür waren, ob der Hund übermäßig fixiert auf das Spielzeug war, an Alternativen wie Futter oder dem Spielen mit dem Besitzer kaum Interesse hatte, hartnäckig an das Spielzeug zu gelangen versuchte, wenn es nicht verfügbar war, und unfähig, sich binnen 15 Minuten zu beruhigen, wenn ihm das Spielzeug weggenommen wurde.

Die Ergebnisse bestätigten Einzelberichte zu suchtähnlichem Spielverhalten bei Hunden, erklären die Forschenden. Wie bei Verhaltenssüchten des Menschen sei ein zwanghaftes Ausüben von Aktivitäten trotz negativer Konsequenzen kennzeichnend. Warum manche Hunde dazu tendieren, müssten weitergehende Studien klären, ebenso wie die konkreten gesundheitlichen Folgen, etwa eine mögliche Überlastung von Bändern und Gelenken.

Viele Säugetiere und Vögel spielen

Spielverhalten ist bei – vor allem jungen – Säugetieren und einigen Vögeln allgegenwärtig. Es ist meist ein Zeichen des Wohlbefindens, kann aber auch als Ausweichverhalten in Stresssituationen auftreten oder dazu dienen, soziale Spannungen abzubauen. Zudem kann eine ursprünglich spaßige Aktivität zwanghaft werden und sich zu einer Verhaltenssucht entwickeln.

Verhaltenssüchten liegen ähnliche neurobiologische Prozesse und Verhaltenssymptome wie Substanzabhängigkeiten zugrunde. Beim Menschen können neben Computer- oder Glücksspielen zum Beispiel auch Sport, Sex, Einkaufen und Arbeit zur Sucht werden.

Gezielt auf Spielen-Wollen gezüchtet

Auch bei Tieren wurden Verhaltenssüchte bereits untersucht. So entwickeln Mäuse, die gezielt auf exzessives Laufradlaufen gezüchtet wurden, zum Beispiel nach Abstinenz physiologische Entzugserscheinungen, die denen bei Drogenabhängigkeit ähneln. «Wie exzessive körperliche Betätigung beim Menschen kann das Laufradlaufen bei Nagetieren alltägliche Aktivitäten stören und zu Beeinträchtigungen beim Nestbau und beim Schutzverhalten führen.» Nur von Hunden sei aber bekannt, dass sie spontan, also ohne absichtliche experimentelle Herbeiführung, suchtähnliches Verhalten zeigen können.

Vermutlich spiele dabei insbesondere bei Arbeitsrassen oder Arbeitslinien die jahrhundertelange Selektion eine Rolle, hieß es: Bei Arbeitsrassen gelten Junghunde mit obsessiver Spielmotivation als besonders gut trainierbar und weisen zudem eine bessere Konzentration sowie geringere Ablenkbarkeit auf. Darum würden solche Rassen oder Zuchtlinien gezielt auf Spielzeugmotivation als Leistungsindikator selektiert. Als Familienhaustiere seien solche Hunde wegen des starken Triebs oft ungeeignet – was nicht jedem Interessenten ausreichend klar sein dürfte, der zum Beispiel Border Collies ganz süß findet.


Bildnachweis: © Don Campbell/The Herald-Palladium/AP/dpa
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