Selbst im Schlaf sind Fruchtfliegen nicht unbedingt eine leichte Beute: Denn auch während des Schlummerns können die Tiere starke Reize wahrnehmen und darauf reagieren, wie Forscher der Charité in der Fachzeitschrift «Nature» berichten. Beobachtungen an Taufliegen (Drosophila) – besser bekannt als Fruchtfliegen – geben möglicherweise auch Hinweise darauf, wie wir Menschen im Schlaf auf starke Reize reagieren. Für viele Lebewesen – uns Menschen eingeschlossen – ist dies nämlich eine fragile Balance: Einerseits brauchen wir Schlaf zur Regeneration und etwa zur Gedächtnisbildung, andererseits müssen wir in der Lage sein, aufkommende Gefahren auch während des Schlafs wahrnehmen zu können, um darauf reagieren zu können. Wie der Organismus dies genau ausbalanciere, sei bislang unklar, schreiben die Forscher. Bei Taufliegen hat sich das Team um den Neurophysiologen David Owald angeschaut, was im Gehirn bei diesen Prozessen konkret abläuft. Zentral dabei sind zwei Hirnnetzwerke, die visuelle Reize verarbeiten – eines aktiviert die Reaktion auf Reize, das andere hemmt eher. «Wenn beide Netzwerke gleichzeitig aktiv sind, gewinnt das hemmende Netzwerk und die Verarbeitung der Reize wird blockiert», erklärt Co-Autor Davide Raccuglia. «Die Fliege blendet ihre Umgebung also sanft aus und kann einschlafen.» Allerdings ist das aktivierende Netzwerk nicht komplett unterdrückt: «Wir haben herausgefunden, dass das Gehirn der Fliegen im Schlaf aktivierende und hemmende Netzwerke fein aufeinander abstimmt», betont Owald. Besonders starke Reize würden durchgelassen. «Der Zustand ist vergleichbar mit einem angelehnten Fenster: Der Luftzug, also die Reizweiterleitung, ist unterbrochen, aber ein starker Windstoß kann das Fenster aufstoßen, ein kräftiger Reiz also das Tier aufwecken.» Ganz konkret passiert dies der Studie zufolge wohl in Fenstern zwischen langsamen, synchronen elektrischen Wellen – sogenannten Slow Waves -, die beim Einschlafen in den Hirnnetzwerken entstehen. Die Wellen entstünden, weil die elektrische Spannung der Nervenzellen einmal pro Sekunde auf- und abschwinge. «Möglicherweise entsteht, wenn die Spannung hoch ist, ein kurzer Zeitraum, währenddessen Informationen durch den Schlaffilter durchgelassen werden können», erklärt Co-Autorin Raquel Suaréz-Grimalt. Und wie ist das nun bei uns? «Beim Menschen kennen wir eine Struktur im Gehirn, die Reizinformationen filtert und als rhythmischer Taktgeber fungiert – das ist der Thalamus», so Owald. «Hier könnte es also Parallelen zu den Vorgängen im Fliegengehirn geben, vielleicht spiegeln diese also tatsächlich ein universelles Prinzip des Schlafs wider.» Dies müsse jedoch erforscht werden. Das Team der Charité erforscht anhand der Taufliege grundlegende Entscheidungen, etwa zum Essen oder Schlafen. Die Fliegen besitzen mit etwa 200.000 Nervenzellen ein vergleichsweise übersichtliches Gehirn. Einige Verhaltensweisen und Gehirnprozesse, die sich an ihnen erkennen lassen, sind in leicht veränderter Form auf den Menschen übertragbar.Wenn das Gehirn gleichzeitig auf Bremse und Gas tritt
Schlaffilter mit Schlupflöchern
Kleine Wesen mit Erkenntnispotenzial für den Menschen
Bildnachweis: © Anatoli Ender/Charité/dpa
Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten
Ticken wir wie Fruchtfliegen? Im Schlaf vielleicht schon
Selbst im Tiefschlaf bleibt das Gehirn auf Empfang. Was Fruchtfliegen über die Balance zwischen Ruhe und Reaktion verraten, könnte uns gar nicht so fern sein.
Meistgelesene Artikel
- 15. Oktober 2025
Weihnachtsmarktsaison geht mit «Winterdorf» los
Glühwein schon im Oktober: In Bayreuth wird heute das «Winterdorf» eröffnet - 70 Tage vor Heiligabend. Märkte mit Weihnachten im Namen beginnen auch bald schon.
- 23. Oktober 2025
Heidenheim an der Brenz - Zeugen nach Unfall gesucht / Nach einer Unfallflucht a...
Ulm (ots) - Der Unfall ereignete sich um 18.50 Uhr in der Adlerstraße Ecke Bergstraße. Ein 40-Jähriger fuhr mit...
- 24. Oktober 2025
Polizei stoppt Gurtmuffel und Handynutzer / Am Donnerstag ertappte die Polizei i...
Ulm (ots) - Weil sich die Fahrenden nicht an die Regeln und Gesetze hielten, stoppte die Polizei zwischen 10 Uhr und 11...
Neueste Artikel
- 13. November 2025
Magisches Südlicht über Australien und Neuseeland
Spektakuläres Farbspiel auf der Südhalbkugel: Nach einem gewaltigen Sonnensturm flackerte eine magische Aurora Australis über Australien und Neuseeland – so intensiv wie seit Jahren nicht mehr.
- 13. November 2025
Melbourne: 374 Dudelsackspieler knacken mit AC/DC Weltrekord
Melbourne im Dudelsack-Fieber: 374 Spieler haben in Australien den Weltrekord mit einem AC/DC-Klassiker gebrochen. Der älteste Mann an der «Bagpipe» war 98.
Weitere Artikel derselben Kategorie
- 13. November 2025
Magisches Südlicht über Australien und Neuseeland
Spektakuläres Farbspiel auf der Südhalbkugel: Nach einem gewaltigen Sonnensturm flackerte eine magische Aurora Australis über Australien und Neuseeland – so intensiv wie seit Jahren nicht mehr.
- 13. November 2025
Melbourne: 374 Dudelsackspieler knacken mit AC/DC Weltrekord
Melbourne im Dudelsack-Fieber: 374 Spieler haben in Australien den Weltrekord mit einem AC/DC-Klassiker gebrochen. Der älteste Mann an der «Bagpipe» war 98.

