8. Oktober 2025 / Aus aller Welt

Prozess um Mord an Hanna - wie glaubhaft ist der Zeuge?

Der Tod von Hanna aus Aschau beschäftigt erneut das Landgericht Traunstein. Jetzt hat ein ehemaliger Mithäftling des Angeklagten ausgesagt, zum zweiten Mal. Sagt er die Wahrheit?

In dieser Disco hatte die Medizin-Studentin noch gefeiert, bevor sie starb. (Archivbild)

Im Mordprozess um den Tod von Hanna aus dem oberbayerischen Aschau ist der Angeklagte von einem ehemaligen Mithäftling erneut schwer belastet worden. Der Angeklagte habe ihm gegenüber Ende 2022 eingeräumt, die Studentin bewusstlos geschlagen und dann in den Fluss geworfen zu haben, sagte der Zeuge vor dem Landgericht Traunstein, das aus Platzgründen am Amtsgericht Laufen verhandelt. Die beiden Männer hatten sich im Gefängnis kennengelernt, als der Angeklagte in Untersuchungshaft saß. 

Zeuge galt als nicht glaubwürdig

Bereits im Rahmen des ersten Strafverfahrens hatte der Mithäftling von dem Gespräch berichtet und galt damit als Hauptbelastungszeuge. Im März 2024 wurde der Angeklagte zu einer Jugendstrafe von neun Jahren Haft verurteilt, kam aber im Juni 2025 wieder frei. Das Landgericht hatte nämlich erklärt, die Aussage des Hauptbelastungszeugen sei nach vorläufiger Würdigung nicht glaubwürdig. Zudem hatte der Bundesgerichtshof das Urteil wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Ende September wurde der Prozess dann erneut aufgerollt.

Akribische Fragen an Zeugen

Vor diesem Hintergrund nahm sich die Vorsitzende Richterin Heike Will viel Zeit für die Vernehmung des 25-jährigen Zeugen, der derzeit wegen einer Straftat in Haft sitzt. Akribisch stellte die 1. Jugendkammer eine Frage nach der anderen und sprach Widersprüche an, auch zu früheren Aussagen des 25-Jährigen, der psychisch erkrankt ist. Die Verteidigung zweifelt den Wahrheitsgehalt an und spricht von einem Unfall.

Offenbarung beim Watten?

Im Mittelpunkt des Prozesstages stand ein Gespräch, dass der Zeuge nach eigenen Angaben um Weihnachten 2022 während ihrer gemeinsamen Zeit in der Justizvollzugsanstalt Traunstein mit dem Angeklagten geführt hatte. Danach spielten die beiden wieder einmal das in Bayern beliebte Kartenspiel Watten. Dabei habe der Zeuge dem Angeklagten seine eigene Geschichte erzählt. 

Auch der Angeklagte habe sich dann geöffnet und ihm von der Nacht erzählt, als die Studentin starb. Er sei mitten in der Nacht Joggen gegangen, habe Hanna gesehen und angegriffen, sie bewusstlos geschlagen und dann in den Fluss geworfen. Die Richterin wollte unter anderem wissen, ob der Angeklagte dafür ein Motiv genannt habe. Der Zeuge sprach zunächst von einem «sexuellen Hintergrund». Später ergänzte er: Der Angeklagte habe ihm gesagt, er habe sexuelles Interesse an der Studentin gehabt und habe sie bewusstlos geschlagen, um sie zu vergewaltigen.

Die Zweifel des Sachverständigen 

Der Sachverständige Max Steller, ein Psychologe, sagte im Anschluss, seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen hätten sich durch die jetzige Vernehmung verstärkt. Gründe dafür nannte er aber nicht. Ihre ausführliche Einschätzung sollen Steller und der Psychiater Michael Soyka erst an einem der nächsten Verhandlungstage abgeben.

Insgesamt hat das Landgericht Traunstein 26 Tage für die Verhandlung angesetzt. Das Urteil könnte nach derzeitiger Planung kurz vor Weihnachten, am 19. Dezember, fallen.

Tod vor drei Jahren

Die damals 23 Jahre alte Studentin hatte in der Nacht zum 3. Oktober in der Disco «Eiskeller» in Aschau gefeiert und wollte gegen 2.20 Uhr nach Hause. Dort kam sie aber nie an. Stattdessen wurde am Nachmittag ihre Leiche im Fluss Prien entdeckt, mit vielen Verletzungen unter anderem am Kopf und an den Schultern. 

In einem aufwendigen Indizienprozess wurde der Angeklagte 2024 zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung aber wegen eines Verfahrensfehlers auf. Dabei ging es um einen Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen die damalige Vorsitzende Richterin.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage weiter davon aus, dass der junge Mann die Studentin in der Nacht aus sexuellen Motiven von hinten angegriffen und in den Bach geworfen habe, wo sie ertrank. Die Verteidigung dagegen spricht von einem Unfall und ist überzeugt, dass Hanna verletzt wurde, als sie zwölf Kilometer durchs Wasser trieb.


Bildnachweis: © Uwe Lein/dpa
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