9. Juli 2025 / Aus aller Welt

Rekord-Juni für Westeuropa - Hohe Zahl von Hitzetoten

Kürzlich lag Europa unter einer Hitzeglocke. Wie drastisch der Klimawandel die Zahl der Hitzetoten steigert, zeigt eine Analyse. Westeuropa erlebte den wärmsten Juni seit Beginn von Messungen.

Ein Mann kühlt sich bei Hitze ab. (Archivbild)

Der Juni war in Westeuropa der heißeste bisher gemessene. Die Durchschnittstemperatur lag bei 20,49 Grad, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilte. Zudem registrierte Copernicus mit 27,0 Grad im westlichen Mittelmeer an einem Tag den höchsten jemals dort gemessenen Juni-Wert. 

«In einer sich erwärmenden Welt werden Hitzewellen wahrscheinlich häufiger auftreten, intensiver werden und mehr Menschen in ganz Europa treffen», erklärte Samantha Burgess vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (EZMW), das den Klimawandeldienst betreibt. Der bisherige Juni-Rekord war mit 20,43 Grad im Jahr 2003 erreicht worden. 

Weltweit war der Juni 2025 mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 16,46 Grad der drittwärmste seit Aufzeichnungsbeginn nach dem Juni 2023 und 2024. Die von Copernicus genutzten Daten gehen zurück bis auf das Jahr 1950, teilweise sind auch frühere Daten verfügbar. 

Schnell-Analyse von jüngster Hitzewelle

Bei der extremen Hitzewelle von Ende Juni bis Anfang Juli hat der Klimawandel die Zahl der Todesopfer in europäischen Großstädten einer Studie zufolge etwa verdreifacht. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach einer Analyse der Entwicklung in zwölf Großstädten, darunter Frankfurt, im Zeitraum vom 23. Juni bis 2. Juli.

Das Forschungsteam schätzt die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in den zwölf Großstädten für den Zehn-Tage-Zeitraum auf insgesamt 2.300. Etwa zwei Drittel davon, rund 1.500, gehen demnach auf das Konto des Klimawandels. Ohne die Erderwärmung als zusätzlichen Faktor wären den Berechnungen der Gruppe zufolge in diesen Städten etwa 800 Menschen an Hitze gestorben. 

Die weitaus meisten Todesfälle entfielen auf Senioren ab 65

Für die Analyse habe sich das Team auf eine anerkannte Methodik gestützt, sagte der Hamburger Klimatologe Jochem Marotzke, der selbst nicht an der Arbeit beteiligt war. Dabei verglich die Gruppe die tatsächlich in den Städten gemessenen Temperaturen in dem Zeitraum anhand eines Modells mit Werten, die ohne den Klimawandel erreicht worden wären. Für beide Szenarien errechnete das Team die Zahl der zu erwartenden Hitzetoten.

Unter der jüngsten Hitzewelle litten demnach besonders verletzliche Gruppen wie etwa Menschen mit Vorerkrankungen. 88 Prozent der geschätzten Todesfälle entfielen auf die Altersgruppe ab 65 Jahren, berichtet das Team, dem die Attributionsexpertin Friederike Otto vom Imperial College London angehört.

Demnach verursachen Hitzewellen wesentlich mehr Todesfälle als andere Naturkatastrophen. Zum Vergleich: Bei den Überschwemmungen in der spanischen Region Valencia kamen demnach im vergangenen Jahr 224 Menschen ums Leben, bei den Flutkatastrophen 2021, darunter im Ahrtal, starben im nordwestlichen Europa 243 Menschen.

Kleine Differenz kann Unterschied zwischen Leben und Tod machen

Die untersuchten Städte waren in unterschiedlichem Ausmaß von den Folgen der Hitzewelle betroffen: Demnach entfielen knapp 320 der durch den Klimawandel zusätzlich entstandenen Todesfälle auf Mailand, 286 auf Barcelona, 235 auf Paris und 171 auf London. In Frankfurt liegt die Zahl mit 21 zusätzlichen Todesopfern vergleichsweise niedrig.

Gerade weil Opfer von Hitzewellen eher wenig öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, spricht das Team von einem «lautlosen Killer». «Hitzewellen hinterlassen keine Schneise der Verwüstung wie Flächenbrände oder Stürme», erklärte Co-Autor Ben Clarke vom Imperial College London. «Ihre Folgen sind überwiegend unsichtbar, aber im Stillen verheerend. Eine Differenz von nur 2 bis 3 Grad Celsius kann für Tausende von Menschen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.»

Als Folge des Klimawandels ist die globale Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bereits um 1,3 Grad gestiegen, wobei Europa gerade im Sommer stärker betroffen ist als andere Kontinente. Clarke verwies darauf, dass im Lauf des 21. Jahrhunderts 3 Grad Unterschied erreicht werden könnten, sofern die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas nicht ende. 

«Extreme Hitze, die früh eintritt, ist besonders tödlich»

Das Team betont, sich in der Studie auf Todesfälle konzentriert zu haben. Zudem gebe es weitere Folgen - von Krankenhauseinlieferungen, etwa von Menschen mit Asthma oder Lungenerkrankungen.

«Der einzige Weg zu verhindern, dass Hitzewellen noch tödlicher werden, besteht darin, das Verbrennen fossiler Kraftstoffe zu stoppen», betonte Co-Autorin Otto. Zudem gelte es, erneuerbare Energien auszubauen, Städte hitzeresistenter zu gestalten und die verletzlichsten Bevölkerungsgruppen zu schützen.

Europa sei im Sommer der sich am stärksten erwärmende Kontinent, heißt es weiter. Im Sommer 2022 starben dort demnach mehr als 60.000 Menschen an Hitze - die Hälfte davon ging Studien zufolge auf das Konto des Klimawandels. Im Folgejahr gab es demnach 47.000 Hitzetote.

Eine Besonderheit der jüngsten Hitzewelle war das besonders frühe Auftreten schon im Juni. «Extreme Hitze, die früh in der Jahreszeit eintritt, ist tendenziell besonders tödlich, weil die Menschen noch nicht an die Sommertemperaturen gewöhnt sind», heißt es.

«Kein Zweifel, dass Hitzewellen häufiger und intensiver werden» 

Marotzke sprach von einer «sehr gut gemachten Studie». Dass eine wissenschaftliche Analyse so schnell auf ein Ereignis folge, sei zwar ungewöhnlich, aber angesichts des Informationsbedürfnisses gut und richtig, sagte der Direktor am Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie. «Gerade in Hinblick auf Temperaturentwicklungen sind unsere Modelle sehr gut», bei Niederschlägen sei dies weniger der Fall.

«Es gibt keinen Zweifel daran, dass Hitzewellen mit dem Klimawandel häufiger und intensiver werden», sagte der Klimatologe. Darauf seien deutsche Städte unzureichend vorbereitet: Als Beispiele nennt er viele verglaste und nicht abgeschattete Gebäude, zu wenig begrünte und zu viele versiegelte Flächen.


Bildnachweis: © Thomas Warnack/dpa
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